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[[Bild:1987 Losansky.jpg|thumb|Festival 1987: Rolf Losansky wird von der Kinderjury mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet, Foto: Rolf Sakulowski]]
 
Regisseur, Präsident des Festivals 1991, <br>
 
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Preisträger 1979, 1987 und 1997 <br>
 
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Aktuelle Version vom 17. Juni 2009, 13:32 Uhr

Festival 1987: Rolf Losansky wird von der Kinderjury mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet, Foto: Rolf Sakulowski

Regisseur, Präsident des Festivals 1991,
Preisträger 1979, 1987 und 1997

„Die Kinderfilmer aus dem Osten und aus dem Westen – könnten sich vorstellen, dass Sie der neue, der gesamtdeutsche Präsident des Kinderfilmfestivals GOLDENER SPATZ in Gera…“ So ähnlich fragte bzw. sagte man mir es schon in den letzten Monaten des 1990er Jahres. Und schriftlich kam es dann auch – offizieller formuliert… Klingt gut was? Gesamtdeutsch… War es aber nicht. Sehr bald merkte ich, man suchte eben jemand – ganz einfach. Suchte einen vom Fach für ein Festival, das längst nicht mehr sicher und selbstverständlich war. Die Zweifel begannen schon in Thüringen: Wir haben jetzt andere Aufgaben… – in Gera selbst: Betriebe werden geschlossen! Neue Namen, neue Orte wurden plötzlich genannt: Frankfurt/Main und Leipzig, Erfurt war auch dabei, besonders aber Berlin. Und endlich dann der Hauptsatz, der Zweifel, immer deutlicher: Warum GOLDENER SPATZ? Fragen und Bemerkungen, leise und laut – von freundlich bis böse. Die eigenen (Ost-)Kollegen winkten ab. NEIN war das häufigste Wort, das ich bei meinen ersten Kontakten und Bemühungen am Telefon hörte. „Unser Festival!“ – „Meins nicht.“ „Nicht mehr.“ „Warum noch?“ Das kam sowohl von den (Ost-)Hausherren als auch von den (ehemaligen West-)Gästen. „Kümmere dich um ’nen neuen Film. Das ist wichtiger!“ So auch Freunde... Die Stimmung war schlecht. Sehr viele DEFA-Angehörige hatten ihre Kündigung bekommen. Die Macher alle. Ich auch – raus zum Jahresende.

Raus – und jetzt Präsident? Ich kam mir vor wie ein Pilot, dessen Flugzeug... Pilot! Ach was, wie ein einfacher Rangierer fühlte ich mich, der die Aufgabe hatte, den WEST-Waggon an den OST-Waggon anzukoppeln. Und das auf einem „Bahnhof“, wo einiges durcheinander ging. Inhalt der Waggons? Später! Erst mal ankoppeln! Freundliche Worte waren da Mangelware, „blaue Flecken“ dafür zahlreich – und Garantie auf Überstunden... Aber dabei entdeckte ich auch andere „Rangierer“, Ja-Stimmen, zum Teil dort, wo man sie überhaupt nicht vermutete. Gemeinsam „koppelten“ wir, arbeiteten, dass der „Zug“, das Festival, trotz alledem – ins Laufen kam... Ich hatte zu den ehemaligen Festival-Präsidenten der DDR, wie Walter Beck, Beate Hanspach und Günter Mehnert, gute Kontakte. Ihre Erfahrungen, unsere Gespräche haben mir geholfen. Dazu gehörten gestandene Organisatoren, die zum Teil wieder dabei waren. Völlig klar, dass Günter Mehnert, mein Autor verschiedener gemeinsamer Filme und mein Freund, auch mein (heimlicher) dramaturgischer Begleiter war. Und meine Frau Annelore – damals Dozentin an der Filmhochschule Potsdam. Sie war da! Packte den Koffer in Gera wieder aus, als ich abhauen wollte... Zuletzt, als man „meine“ Jury anfeindete: „PDS dabei?“ Ja – warum nicht? Wo leben wir denn – vor allem, wo leben wir denn jetzt?

Ost und West waren dabei – und die lauten Töne waren bald wieder vorbei, der Koffer blieb... Eine Jury wurde es aus Thüringen und dem Ruhrgebiet, Leipzig und Hamburg, Kassel, Potsdam, München, Greiz, Berlin. Das musste sich erst mal zusammenrütteln: eine Regisseurin und ein Richter, Journalisten, der Kinobesitzer, die Katechetin, Schriftsteller, Laien und Schauspieler, CDU und PDS! Gute Gespräche sollte es geben – gesamtdeutsch!

Gespräche gab es in Gera schon immer. Westdeutsche Gäste waren gekommen. Zuletzt immer mehr. Meist ohne Film. Für sie – die „Bundis“, wie sie damals hießen – gab es beim GOLDENEN SPATZ auch einen offiziellen Empfang. Mit anderen ausländischen Gästen. Man wurde als DDRFilmer dazu eingeladen. Oder auch nicht. Ich war oft nicht dabei. Aber Gespräche fanden doch statt, überall – im Kino, im Hotel, auf der Straße, beim Bier. Immer wieder hörte ich die Sorgen der westdeutschen Filmemacher: Geld für den Film!(?) Eine Situation, die ich so nicht kannte, die mich dann aber schnell „gesamtdeutsch“ einholte. Als Ex-Präsident nach dem Festival. Bisher war Gera eigentlich nur ein Ost-Vergleich. Ein interessanter Vergleich: hier die DEFA – da das Fernsehen aus Adlershof. Keine kleine Anzahl – und gute Filme dabei. Dazu die imposante Schau von Trickfilmen aus Dresden. Und Dokumentarfilme für Kinder aus Berlin und Potsdam. Alles noch da, bei „meinem“ Festival – plus Filme von jenseits der Elbe… Die Arbeit der „Rangierer“ aber blieb schmerzhaft und schmutzig. Schatten des Übergangs waren zu erkennen, zu spüren... Seltsamerweise, zu meinem Erstaunen – zuerst im Festival-Kino. Die Filme wurden weniger besucht. Leere Plätze – unbesetzte Reihen... Die Presse hat sie sofort registriert – und fotografiert. Für uns? Kaum! Als ein Fotograf im Saal auf dem Boden lag – die leeren Reihen vorn groß, die besetzten Plätze hinten in der Dunkelheit... Ich hab ihn einfach rausgeschmissen. Darf ein Rangierer, äh Präsident das? Sicherlich nicht. Er sollte auch nicht immer und ewig im Rathaus herumsitzen und vom GOLDENEN SPATZ reden, von seiner Wichtigkeit (auch noch!) – für Gera. Aber dann kam doch dabei heraus: Kinder, die das Festival besuchen, können umsonst mit der Straßenbahn fahren: Ab sofort! Tatsächlich – das Kino wurde voller. Danke dem „Rangierer“ im Rathaus.

Neue Diskussionen – neue Sorgen: die Kinderjury. „Nein!“ „Die Kinder, nicht die Erwachsenen!“ „Den Kindern die Macht geben?“ „Sie sollen – ab jetzt – den GOLDENEN SPATZ vergeben?“ Chaos! Übrigens waren viele Pädagogen dagegen. (Mein Freund Mehnert auch.) Die Kinderjury sprach dann das wichtige Urteil! Gut! Und: Überraschungen waren dabei. Schön! Schon damals hatten die Kinder dazu beigetragen, dass ihr Urteil Aufmerksamkeit bei der Presse in ganz Deutschland fand. Ich war gerne bei ihnen! Hörte ihnen zu. Freute mich über ihre Leidenschaft. Sozusagen die Oase, nein, die Mutmacher des Präsidenten. Heute, 2009, hab ich das in meinem vollen Terminkalender von 1991 gelesen: Am 13. Februar in der Zeitung (dick unterstrichen): Das Kinderfilmfestival GOLDENER SPATZ findet 1993 wieder statt! In Gera! Uff! – Ja, Junge – es war schon cool in dieser Zeit, Präsident zu sein!