Forum 2: Digitales Kino – Große Chance für Kinderfilme?

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Version vom 15. April 2009, 12:45 Uhr von Admin (Diskussion | Beiträge)

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Wie sich Kinder digitales Kino vorstellen und was sie von ihm erwarten, zeigte zu Beginn des zweiten Forums kurz und prägnant ein „PIXEL“-Beitrag: weniger Kabel, ein Chip, auf dem alle Filme drauf sind, bessere Bildqualität und besserer Sound. Die anschließende Podiumsdiskussion, die Filmpublizist Klaus-Dieter Felsmann moderierte, sollte zeigen, dass digitales Kino die Vorführqualität nicht wesentlich anheben wird.

Zunächst aber hielt der Geschäftsführer der Edition Salzgeber, Björn Koll der sich mit dem Projekt „delicatessen“ um die Aufführung digital projezierter Filme bemüht, das Eingangsstatement. In einem fiktiven Artikel mit der Überschrift „Das Ende des traditionellen Kinos“ zeichnete Björn Koll ein Horrorszenario von der Zukunft des Kinos nach der Umstellung auf Digitaltechnik. Hier einige Schlagworte: rasantes Kinosterben in den ländlichen Regionen, Game-Cinemas als 24-Stunden-Plattform für interaktive Spiele auf der großen Leinwand, On-Demand-Lieferung von audiovisuellen Produkten ins Wohnzimmer, anstatt Abspielen von Filmen in Kinos, beliebtestes Freizeitvergnügen ist Home-Cinema, Einstellung der Förderprogramme für deutsche Kinoprodukte, reguläre Kinovorführungen von Kinderfilmen sind wirtschaftlich kaum noch zu vertreten ect.
In seinem Vortrag dagegen ging Björn Koll zunächst auf die Chancen des digitalen Kinos ein, die in einer wesentlichen Erleichterung der Logistik und damit Kostenersparnis bestehen, in der flächendeckenden Verfügbarkeit von Kopien, in einer besseren Vorführqualität, da sich ja bekanntlich 35 mm-Kopien sehr schnell abnutzen, und in einem besseren Antipiraterieschutz. Probleme sieht Björn Koll vor allem darin, dass die Digitalisierung nicht flächendeckend eingeführt werden kann und dass dem Kino gerade durch den Home-Bereich eine starke Konkurrenz gemacht wird. Deshalb mahnte er an, dass sich jetzt schon das Kino als Ort des sozialen Erlebens neu definieren muss und neue Business-Modelle erarbeitet werden müssen. Mit dem Projekt „delicatessen“, an dem sich unabhängige Verleiher und mittlerweile 55 Kinos mit insgesamt 200 Leinwänden beteiligen, wurden gute Erfahrungen gemacht. Diese Veranstaltungen, wie z.B. die digitale Vorführung von fünf Mozart-Opern zum Auftakt des Mozartjahres, zeichnen sich durch einen speziellen Eventcharakter aus und werden vom Publikum gut angenommen.

Das Podiumsgespräch gestaltete sich dann sehr kontrovers und anregend. Eingeladen waren dazu die Geschäftsführerin der AG Kino/Gilde deutscher Filmkunsttheater e.V., Eva Matlok, Gerd Klein, Geschäftsführer der Atlas Intermedia Film+Medienvertriebs GmbH, der Geschäftsführer der MFA Filmverleih, Christian Meinke, Volker Modenbach, Sales Director von Warner Bros. Pictures und natürlich Björn Koll. Dabei wurde zunächst festgehalten, dass das digitale Kino auf dem momentanen Stand weder größere Möglichkeiten für die künstlerisch-ästhetische Umsetzung eines Films bietet, noch eine qualitätvollere Vorführung. Mit einer Ausnahme: Während die Filmkopien unter der mechanischen Beanspruchung leiden und verschleißen, ist ein Film digital unendlich oft vorführbar. Neben den Chancen, die Björn Koll formulierte, sahen die Podiumsteilnehmer auch Vorteile des digitalen Kinos darin, dass sich das Repertoire erweitert. Besonders im Kinderfilmbereich könnten dann wieder Klassiker ins Kino gebracht werden, bei denen es heutzutage schwer ist, spielbare Kopien aufzutreiben. Mehr Vielfalt, mehr Flexibilität würde sich ergeben, man könnte Altersgruppen gerechter arbeiten und Filme einem kleineren Publikum vorstellen. Volker Modenbach hob die Alleinstellung hervor, die Kino mit 3-D-Projektion erlangen könnte. Ein großes Problem allerdings besteht in der Finanzierung der Umstellung auf digitales Kino. Sie kostet einem Filmtheater mindestens 70 000 €, abgesehen davon, dass sich die Technik sehr schnell entwickelt und neue Investitionen nötig sind. Dafür müssen Finanzierungsmodelle geschaffen werden, die nicht allein die Kinobesitzer tragen können, mahnte Eva Matlok an. Und das schon allein deshalb, damit sich das am Anfang beschriebene Horrorszenario nicht einstellt.

Am Abend des ersten Konferenztages fand außerdem noch die Siegelverleihung des Erfurter NetCodes e.V. statt und danach im CineStar das Pitching der neuen Stoffe aus der Winterakademie 2005/2006. Bereits zum dritten Mal verlieh der Verein Erfurter NetCode das Qualitätssiegel „Erfurter Netcode“ an Anbieter besonders altersgerechter und qualitativ hochwertiger Angebote für Kinder im Internet. Ausgezeichnet wurden die Internetseiten www.medizity.de der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums Heidelberg, www.zeckenschule.de des Pharmaunternehmens Baxter Deutschland GmbH und das Online-Angebot www.internet-abc.de, das vom Verein Internet- ABC e.V. publiziert und von mehreren Landesmedienanstalten getragen wird. Diese drei Internetanbieter wurden aus insgesamt 17 Bewerbungen von einer Jury ausgewählt.

Die Winterakademie 2005/2006, durchgeführt vom Förderverein Deutscher Kinderfilm e.V. in Kooperation mit der Stiftung GOLDENER SPATZ, ist ein Workshop zur Entwicklung von Kinderfilmstoffen vom Exposé zum Treatment bzw. vom Treatment zur ersten Drehbuchfassung. Sie fand vom 12. November 2005 bis 26. April 2006 statt und endete mit dem Pitching, bei dem die 13 Autorinnen und Autoren die Möglichkeit hatten, einem Fachpublikum von Fernsehredakteuren, Filmproduzenten und Journalisten ihre Stoffe vorzustellen. Das Pitching moderierten Dramaturgin Katharina Reschke und der Dramaturg Thomas Bauermeister.

Die AutorInnen und ihre Kinderfilmstoffe:

  • Kai Christiansen, Marco Müller: Die große Reise des kleinen Kolumbus
  • Jan Frehse: Sarahs Entdeckung
  • Marie Graf: Mein Vater und ich
  • Dorothea Körner: Mrs. Flax
  • Soern Menning: Simon sortiert die Welt
  • Henning Reckweg: Hilfe, Weihnachten!
  • Heike Rübbert: Abseits
  • Korinna Schadt: Iris und die Geister
  • Claudia Schaefer: Und weg bist du
  • Katharina Schlender: Weihnachten ist schon vorbei
  • Eva Schötteldreier: Liebe – Walzer – Kaviar
  • Agnes Schruf: Der Käfersommer